Wann ist die Anfechtung einer Erbausschlagung möglich – und wann nicht?

Nachlass

Ein aktueller Fall zeigt die Grenzen auf

Die Ausschlagung einer Erbschaft ist eine bedeutsame Entscheidung. Sie wird oft unter Zeitdruck getroffen – manchmal vorschnell. Doch wer glaubt, seine Entscheidung später einfach korrigieren zu können, irrt. Ein aktueller Beschluss des Nachlassgerichts Lahnstein vom 16.01.2024 (rechtskräftig OLG Zweibrücken) zeigt, wie streng die Voraussetzungen für eine Anfechtung einer Erbausschlagung sind – und welche rechtlichen Fallstricke drohen.

Worum ging es in dem Fall?

Eine Tochter hatte nach dem Tod ihres Vaters die Erbschaft ausgeschlagen. Sie ging davon aus, dass der Nachlass überschuldet sei. Erst später erfuhr sie, dass der Erblasser eine schuldenfreie Immobilie hinterlassen hatte. Sie erklärte daraufhin die Anfechtung ihrer Ausschlagungserklärung – mit der Begründung, sie habe sich in einem Irrtum über den Nachlass befunden.

Das Nachlassgericht sah das anders: Die Anfechtung sei unwirksam, weil kein rechtlich beachtlicher Irrtum vorgelegen habe. Die Tochter sei nicht getäuscht worden und habe sich auch nicht ausreichend bemüht, die tatsächlichen Vermögensverhältnisse aufzuklären. Die spätere Erkenntnis über die Immobilie ändere daran nichts.

Wann ist eine Anfechtung überhaupt möglich?

Die Anfechtung einer Ausschlagung ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig – insbesondere bei:

  • Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses
    (z.B. wenn man davon ausging, dass der Erblasser nur Schulden hinterlassen hat, obwohl ein hohes Bankguthaben vorhanden war)
  • Täuschung oder Drohung durch Dritte

Aber: Der Erbe muss nachweisen, dass er sich wirklich geirrt hat – und dass dieser Irrtum kausal für seine Entscheidung war. Wer ausschlägt, ohne sich zu informieren, handelt auf eigenes Risiko.

Was ist ein „Motivirrtum“ – und warum hilft er nicht weiter?

Ein Motivirrtum liegt vor, wenn man sich über seine Beweggründe oder über äußere Umstände täuscht, die zur Entscheidung führen – nicht aber über den Inhalt der Erklärung selbst.

Beispiel:
Sie schlagen aus, weil Sie annehmen, der Nachlass sei wertlos – ohne das zu prüfen. Das ist ein Motivirrtum. Er ist nicht anfechtbar.

Das Gericht stellte im konkreten Fall fest:
Die Tochter hatte keine konkreten Informationen eingeholt – weder bei Banken noch beim Grundbuchamt oder beim Nachlassgericht. Erst nach der Ausschlagung habe sie begonnen, sich zu informieren. Das war zu spät.

Was bedeutet das für die Praxis?

Vor einer Ausschlagung gilt:

Recherchieren Sie gründlich!
Fragen Sie bei Banken an, lassen Sie das Grundbuch einsehen, fordern Sie Nachlassverzeichnisse an.

Dokumentieren Sie Ihre Schritte!
Wer später anfechten möchte, muss beweisen können, dass der Irrtum auf konkreten, unzutreffenden Informationen beruhte – und nicht auf bloßem Bauchgefühl.

Holen Sie anwaltlichen Rat ein.
Wir beraten Sie gern zu den Risiken einer Ausschlagung und den Möglichkeiten einer Anfechtung.

Fazit: Keine zweite Chance bei spekulativer Ausschlagung

Die Entscheidung des Gerichts macht deutlich:

Eine Erbausschlagung lässt sich nicht „einfach so“ rückgängig machen.

Nur wer sich nachweislich geirrt hat, kann anfechten – und das auch nur innerhalb von sechs Wochen ab Kenntnis des Irrtums (§1954 BGB). Wer hingegen vorschnell handelt, verliert unter Umständen seine Erbenstellung dauerhaft und ist lediglich auf seinen Pflichtteil verwiesen.

Sie sind unsicher, ob Sie eine Erbschaft ausschlagen sollen? Oder möchten wissen, ob eine Anfechtung möglich ist?


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