Gesetzentwurf: Mehr Rechte für leibliche Väter – Reform im Familienrecht geplant

Mit einer geplanten Reform im Familienrecht will Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) leiblichen Vätern künftig mehr Rechte einräumen. Ein entsprechender Gesetzentwurf sieht vor, dass biologische Väter leichter die rechtliche Vaterschaft für ihr Kind beanspruchen können – selbst dann, wenn ein anderer Mann bisher als rechtlicher Vater anerkannt ist. Auslöser ist ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2024.
Was plant die Bundesregierung konkret?
Der Entwurf sieht drei wesentliche Neuerungen im Vaterschaftsrecht vor:
1. Anfechtung der Vaterschaft künftig leichter möglich
Leibliche Väter sollen künftig innerhalb der ersten sechs Lebensmonate des Kindes die rechtliche Vaterschaft erfolgreich anfechten können – sofern sie nachweisen können, dass sie der biologische Vater sind. Diese Regelung betrifft vor allem Fälle, in denen bereits ein anderer Mann mit Zustimmung der Mutter die Vaterschaft anerkannt hat.
Ist das Kind älter als sechs Monate, bleibt die bestehende Regelung grundsätzlich bestehen: Eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und dem bisherigen rechtlichen Vater verhindert eine Anfechtung. Künftig soll jedoch auch der leibliche Vater berücksichtigt werden – etwa wenn er selbst eine Beziehung zum Kind aufgebaut hat oder sich ernsthaft, aber erfolglos darum bemüht hat.
Hintergrund: Ab dem siebten Lebensmonat entwickeln Kinder nach wissenschaftlichen Studien stabile Bindungen zu Bezugspersonen. Diese Erkenntnisse fließen nun stärker in die Gesetzgebung ein.
2. Anerkennungssperre während eines laufenden Gerichtsverfahrens
Ein weiterer wichtiger Punkt im Gesetzentwurf ist die sogenannte „Anerkennungssperre“: Während ein leiblicher Vater vor Gericht um die Feststellung seiner Vaterschaft kämpft, darf kein anderer Mann die Vaterschaft anerkennen. Damit soll verhindert werden, dass die Mutter gezielt einen anderen Mann einträgt, um die Feststellung der biologischen Vaterschaft zu blockieren.
3. Zweite Chance für leibliche Väter
Wenn eine Anfechtungsklage zunächst scheitert, weil zwischen Kind und rechtlichem Vater eine enge soziale Beziehung besteht, eröffnet das Gesetz eine zweite Möglichkeit: Bricht diese Beziehung später weg – etwa durch Trennung oder Tod –, kann der leibliche Vater einen erneuten Antrag stellen. Das Familiengericht muss diesen dann erneut prüfen.
Kindeswille ab 14 Jahren entscheidend
Ein Novum betrifft auch die Rechte des Kindes: Ab dem vollendeten 14. Lebensjahr kann das Kind selbst entscheiden, ob ein anderer Mann als rechtlicher Vater anerkannt wird. Bisher reichte hierfür die Zustimmung der Mutter. Diese Änderung stärkt die Selbstbestimmung Jugendlicher und berücksichtigt deren Bindungen und Perspektiven.
Reaktion auf BVerfG-Urteil vom April 2024
Die geplanten Änderungen setzen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 09.04.2024 – 1 BvR 2017/21) um. Die Karlsruher Richter hatten klargestellt, dass leibliche Väter einen Anspruch auf ein effektives Verfahren zur Anerkennung ihrer Vaterschaft haben müssen – sofern dies dem Kindeswohl nicht widerspricht.
Der Kläger hatte trotz aktiver Beziehung zu seinem Kind keine Chance, rechtlich als Vater anerkannt zu werden, da die Mutter später einen neuen Partner eintragen ließ – obwohl der leibliche Vater bereits einen Antrag gestellt hatte. Das BVerfG sah darin eine Verletzung des Grundrechts auf Familie und verpflichtete den Gesetzgeber, bis spätestens März 2026 eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen.
Auch Scheinvaterschaften im Blick
Parallel kündigt das Bundesjustizministerium Maßnahmen zur Verhinderung sogenannter Scheinvaterschaften an. Dabei erkennen Männer – meist gegen Bezahlung – ein Kind an, um der Mutter eine Aufenthaltsgenehmigung oder Sozialleistungen zu verschaffen. Diese Form des Missbrauchs soll künftig durch gesetzliche Regelungen unterbunden werden. Zuständig für dieses Vorhaben ist vorrangig das Bundesinnenministerium.
Wichtig: Binationale Paare sollen dabei nicht unter Generalverdacht gestellt werden, wie Justizministerin Hubig betont.
Fazit: Ein überfälliger Schritt für mehr Fairness im Familienrecht
Die geplante Reform im Familienrecht ist ein Meilenstein für leibliche Väter. Sie sorgt für mehr Gleichgewicht zwischen rechtlicher und biologischer Vaterschaft – ohne das Kindeswohl zu gefährden. Gleichzeitig sendet der Gesetzgeber ein klares Signal: Familienrecht muss die gesellschaftliche Realität abbilden.
Ob diese Reform hält, was sie verspricht, wird sich im Gesetzgebungsverfahren zeigen. Klar ist: Die Rechte leiblicher Väter waren bislang oft stark eingeschränkt – und das nicht immer zum Wohle der Kinder.